In dieser Rubrik, die mit einiger Regelmäßigkeit erscheint, erzählt Kirchenmusiker Floris über Musik im Rahmen der Liturgie. Die Liturgie und die Kirchenmusik sind eine große Quelle unseren Glauben. Auch kulturell sind sie sehr wertvoll. Der Schwerpunkt in dieser Rubrik liegt bei der Liturgie und Kirchenmusik in unseren Pfarren der GdG Brüggen-Niederkrüchten. Dieses Mal erzählt Floris über das älteste Geistliche Lied im deutschsprachigen Raum.
Einstimmen in einen vielfältigen, zeitlosen Lobgesang
Wenn man im Gotteslob schaut, aus welcher Zeit die Lieder stammen, die man in den Gottesdiensten singt, kann man viel Schönes entdecken. Lieder, von denen man meint, dass sie uralt sind, sind oft gar nicht so alt, und andere Lieder, die als neu und frisch erfahren werden, können hunderte von Jahren alt sein. Jede Zeit hat ihre eigenen Lieder. Die Zeit des Entstehens spiegelt oft wider, wie von Gott und der Welt der Rede ist. Lieder der Romantik, ca. 1795–1835, (zum Beispiel der Deutsche Messe von Franz Schubert, GL 145, 413 & 388) sind ganz anders als Lieder des Barocks aus der Zeit von 1600-1750 (z.B. Ich will dich lieben, meine Stärke, GL 358). Es ist wunderbar, dass in der Kirche Lieder aus allen Jahrhunderten erklingen, nicht, weil die Lieder oft kulturell und geschichtlich so interessant sind – das sind sie auch –, sondern weil wir den gleichen Glauben teilen, von dem die Lieder zeugen. Im Kirchenlied haben wir einen Schatz voll musikalischer und theologischer Vielfalt, der unseren eigenen Glauben immer wieder bereichern und korrigieren kann. Wir können einstimmen in den Lobgesang, der schon lange vor unserer Geburt begonnen hat.
Ein populäres Osterlied
Das älteste geistliche Lied im deutschsprachigen Raum ist Christ ist erstanden, GL 318. Dieses Lied ist im Mittelalter entstanden, im 12. Jahrhundert. Es war bereits in der damaligen Zeit populär und ist recht bald auch in den Niederlanden bekannt geworden. Es ist gut möglich, dass unsere Vorfahren dieses Lied schon gesungen haben bis weit über die Generationen hinaus, die man heute nicht mehr nachforschen kann. Das gibt eine wertvolle Verbindung mit all denjenigen, die vor uns gelebt und geglaubt haben. Am diesjährigen Ostermorgen wird Christ ist erstanden als Einzugslied in unseren Pfarrkirchen erklingen.
Christ ist erstanden basiert auf der etwas älteren Gregorianischen Ostersequenz Victimae Paschali Laudes (GL 220), siehe Bild. Die Melodie selbst ist nicht schmuckvoll, sie ist einfach - so wie sie ist. Vielleicht ist es genau das, was ihr diese mittelalterliche Kraft verlieht. Der Text erzählt kurz und klar, warum und wie wir Ostern feiern. In der erste und dritte Strophe werden wir aufgerufen, froh zu sein. Auch in der mittleren Strophe wird die Freude genannt, die Zeit der Buße und Einkehr ist vorbei, die Zeit der Freude ist da! Ein kennzeichnendes Element der Osterzeit ist das Halleluja in der dritten Strophe, die Osterzeit ist die Zeit vom Halleluja.
Dieselbe Melodie wird auch in GL 319 für den Text von Christi Himmelfahrt genommen, dem vierzigsten Ostertag. Dieser Text ist wohl noch nicht so alt, erst aus den 15./16. Jahrhundert. Die Nutzung dieser Österliche Melodie zeugt von der damaligen Popularität. So wird auch auf musikalische Weise die Verbindung zwischen Christi Auferstehung von den Toten und seine Erhöhung zur Rechten des Vaters dargestellt.
Ich wünsche euch allen eine Osterzeit voll Fröhlichkeit,
Floris van Gils
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